Neue Wege gehen

Gehe hin! Mit diesen Worten bekam Abram den Befehl vom HERRN in das verheissene Land zu ziehen (1. Mose 12,1). Auf Hebräisch heisst das „Lech L’cha“. Das ist auch der Name eines messianisch-jüdischen Werkes in der Nähe von Tel Aviv. Es bietet dreimonatige Jüngerschaftsschulungen für junge Israelis nach dem Militärdienst an. Warum ist dieses Angebot so wichtig?

Der Wehrdienst ist für viele junge Erwachsene eine positive Erfahrung. David Ben Gurion sagte, dass die Armee unter anderem die Mission hat, den Charakter der Jugend und dadurch auch den Charakter des Volkes zu formen. Viele Jugendliche werden durch das Militär erwachsen. Sie verlassen ihr Elternhaus, sie übernehmen Verantwortung für ihre Kameraden und erleben Kameradschaft.

Doch der Militärdienst hat auch seine negativen Seiten. Die Trennung von der Familie sowie die häufige körperliche Erschöpfung verbunden mit traumatischen Erfahrungen. Manche Soldaten sind in Kampftruppen eingesetzt und geraten in bewaffnete Auseinandersetzungen. Andere erleben hautnah an den Checkpoints und Grenzen die angespannte Stimmung. Jeder Israeli in Uniform ist sich bewusst, dass er jederzeit zur Zielscheibe eines Terroristen werden könnte.

Messianische Gläubige haben in der Armee besondere Schwierigkeiten. Sie sind getrennt von ihrer Gemeinde. Sie haben nicht die Möglichkeit in Ruhe die Bibel zu lesen oder Predigten zu hören. Sie sind oft die einzigen messianischen Juden in ihrer Einheit und ihr Glaube wird von ihren Kameraden in Frage gestellt. Sie sind auch Versuchungen ausgesetzt, durch das ständige enge Zusammensein der Geschlechter. Männer müssen drei Jahre ins Militär und Frauen zwei Jahre. Diese Nähe führt zu vielen ungewollten Schwangerschaften und in Folge davon zu Abtreibungen, die sogar von der Armee bezahlt werden.

Nach dem Militärdienst wollen die meisten Israelis nur eins: weg von Israel, weg von den ganzen Problemen, einfach Urlaub machen, das Leben geniessen und alles vergessen. Viele gehen nach Indien und betäuben ihre Erlebnisse mit Drogen, die dort billig zu bekommen sind.

Yohanan Stanfield und Alon Grimberg haben diese geistliche Not vor 19 Jahren erkannt. Es gab in ganz Israel kein Angebot für messianische Juden, um sich nach dem Militärdienst geistlich zu erholen und neu auf Gott auszurichten. Um diese Lücke zu schliessen, gründeten die beiden die Jüngerschaftsschule Lech L’cha. Der jetzige Leiter Schmuel Salway sagt, dass nichts dagegen spricht, die Welt zu bereisen. Aber zuerst sollen die jungen Gläubigen wieder geistlich auftanken und gefestigt werden, bevor sie losziehen.

Für viele junge Erwachsene ist die Zeit nach dem Militär der Punkt, wo die Weichen für das zukünftige Leben gestellt werden. Deswegen geht es in dem Programm auch darum, geistliche Perspektiven aufzuzeigen und Jesus in die Lebensplanung mit einzubeziehen.  Beispielsweise wurde ein junger Mann, der unter Depressionen litt und Medikamente nehmen musste, in diesen drei Monaten wieder gesund und hat sich nun als Lebensaufgabe gestellt, anderen Menschen mit psychischen Problemen zu helfen.  

Das Training umfasst drei Abschnitte. Im ersten Monat wird an der Beziehung zu Gott gearbeitet. Schon mancher Teilnehmer entdeckt hier, dass er noch gar keine persönliche Beziehung zum HERRN hat. Bei Anderen wird die erste Liebe zum HERRN wieder neu entfacht. Im zweiten Monat liegt der Schwerpunkt auf dem Studium der Bibel. Im dritten Monat geht es darum seinen Glauben als Jünger Jesu im Alltag zu leben: Themen, wie «Gebet», «Geistlicher Kampf», «Zeugnis geben», «Evangelisation», «Dienst in der Gemeinde», « Ehe und Familie», «Umgang mit Zeit und Geld», «Christsein am Arbeitsplatz» werden behandelt..

Das Programm ist anspruchsvoll. Schon um 6 Uhr morgens klingelt der Wecker. Nach einer gemeinsamen Zeit der Anbetung verbringt jeder eine Stunde alleine in der Stille mit dem HERRN und seiner Bibel. Danach folgen vier Unterrichtsstunden, welche von verschiedenen israelischen Pastoren gegeben werden. Dieser strenge Zeitplan, hilft geistliche Gewohnheiten aufzubauen. So mancher lernt erst bei Lech L’cha sein Leben und seine Zeit mit Gott zu gestalten. Ein Teilnehmer wurde dadurch von seiner Computerspielsucht befreit und fiel auch im Corona-Lockdown nicht in seine alten Verhaltensmuster zurück. Er kann nun sagen: «Ich habe Gott in meinem Leben und will meine Zeit nicht mehr verschwenden.» Es bleibt in diesen drei Monaten natürlich auch noch genügend Zeit für Freizeitaktivitäten und Wanderausflüge.

Mit den Worten „Gehe hin“ leitet unser HERR Jesus auch seinen Auftrag ein, alle Nationen zu Jüngern zu machen (Mt 28,19). Für die Absolventen gibt es einmal pro Jahr die Option an Missionseinsätzen in Uganda oder Simbabwe teilzunehmen. Ist das nicht wunderbar? Messianische Juden tragen wieder das Evangelium hinaus in die Welt, wie in den Zeiten der Urgemeinde und werden zum Licht der Nationen! 

Manfred Steiniger, Philippus-Dienst Schweiz